Graduiertenkolleg 516
Kulturtransfer im europäischen Mittelalter

Ziele, Programm und Struktur des Graduiertenkollegs Kulturtransfer im europäischen Mittelalter Zusammenfassung

Hauptargumente für die heute oft beschworene Zusammengehörigkeit des 'europäischen Kulturraums' sind in der Regel Bindungen und Strukturen, die im Mittelalter ihre erste und entscheidende Prägung erhalten haben. Doch die mittelalterliche Einheit ist problematisch. Sie verdankt sich einem komplexen Mit- und Gegeneinanderwirken verschiedenster Faktoren, die lange Zeit nebeneinander bestanden, aber nicht auseinander ableitbar waren. Viele Leistungen des Mittelalters sind aus einer intern regional- oder nationalkulturellen Entwicklung nicht erklärlich, sondern verdanken sich Transferprozessen. Die Kategorie des 'Transfers' gewinnt hier eine zentrale Bedeutung. Sie ist von der mediävistischen Forschung bisher noch zu wenig beachtet worden und ist ein aktuelles Forschungsproblem besonders der ‘Humanwissenschaften’, die das Graduiertenkolleg tragen: der Mittelalterphilologien, der Geschichts- der Musik- und Kunstwissenschaft, der Philosophie- und der Medizingeschichte.

Der Aspekt des Kulturtransfers eröffnet die Chance, quer zur üblichen Vorstellung nationalkultureller ‘Entwicklung’ die nichtlinearen Prozeßkomponenten, also Begegnungen und Konkurrenzen, wechselseitige Attraktionen und Abstoßungen systematisch zu beobachten und ihre Wirkungsweise zu bestimmen. Gerade auch die in den Transferprozessen freigesetzten produktiven Innovationen, seien es gewollte oder aus der Not geborene, aus Ablehnung, Bewunderung oder aus schlichtem Mißverständnis hervorgegangene, rücken hierbei in den Vordergrund.Im Rahmen des Studienprogramms wurden interdisziplinäre Lehrformen erarbeitet und erprobt, aus denen sich mittlerweile der Studienschwerpunkt 'Europäisches Mittelalter' (analog den 'Medieval studies' ausländischer Universitäten) entwickelt hat. Das Kolleg trägt damit dazu bei, die humanwissenschaftlichen Studiengänge stärker auf ihren europäischen Horizont auszurichten.


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