Mit Marco Polos „Divisament dou monde“ liegt die erste abendländische Schilderung einer Reise
durch das gesamte Asien vor. Der in der so genannten franko-italienischen
Sprache verfasste Reisebericht dokumentiert sehr ausführlich und lebhaft
die von Offenheit und Neugier getragene Begegnung eines Abendländers
mit der Welt des Orients. Demzufolge enthielt der „Divisament“
eine Fülle neuer Informationen über die geographische Ausdehung Asiens
und seiner Bevölkerungsteile und stellte dem lateinischen Westen somit
ein Wissen zur Verfügung, das in den traditionsreichen Erd- und Völkerkunden
des 13. Jahrhunderts noch nicht zu finden war. „Le divisament dou
monde“ stieß bereits kurz nach seinem Erscheinen um 1299 auf großes
Interesse, wurde durch Abschriften verbreitet und in mehrere europäische
Sprachen übertragen, was teils beträchtliche Eingriffe in den Text
implizierte. Auf diese Weise entstand gegen Mitte des 14. Jahrhunderts
über eine venezianische, toskanische und lateinische Bearbeitungsstufe
die mitteldeutsche Variante, wie sie einzig die Admonter Handschrift
504 überliefert. Das in den Bibliothekskatalogen als „Heydnische
Chronik“ verzeichnete Manuskript weicht in Umfang, Inhalt und seiner
Komposition deutlich vom „Divisament“ ab, sodass viele Textpassagen
fehlen bzw. nur noch bruchstückhaft vorhanden sind. Insbesondere die
narrative Komponente des Reiseberichts wurde deutlich reduziert und
die neuen ethnographischen Aussagen weitest gehend an die Vorgaben
der traditionellen Wissensliteratur des gelehrten Mittelalters angepasst.Zurück